Welcome to dystopia! Der Kopf zwischen Utopie und Realdystopie

Es ist manchmal gar nicht so einfach, sich eine utopische Zukunft auszumalen und an das Gute zu glauben, wenn einen die Gegenwart immer wieder auf den brennenden Boden der Realität zurückholt. Die grüne Utopie im Kopf wird dann von einem stinkenden SUV überrollt und schwindet in nichts als einem Haufen Überforderung. Vor gut zwei Wochen habe ich ohne große Intention die Falter-Ausgaben der letzten 5 Monate durchgeblättert. Für alle jene, die den Falter nicht kennen: Er ist eine kritische, linksliberale Wiener Wochenzeitung. Nebenbei bemerkt eine Rarität in der österreichischen Medienlandschaft. Naja, jedenfalls verwandelten sich beim Durchblättern die utopisch gefärbten Bilder in meinem Kopf wieder einmal zu einem grummelnden Gefühl in der Magengegend. Ich fühlte mich, als würde ich eine schlechte Erzählung über eine wahrgewordene Dystopie lesen. „Welcome to dystopia 2020/21!“ Oder so. Ein Einblick:

Diese Dystopie handelt von der grotesken „westlichen Welt“, in die man, vorab erwähnt, ungern Menschen von außen hereinlässt. Warum? Keine Ahnung. An den Außengrenzen dieser Welt schlafen Menschen daher in nassen, kalten Zelten und werden von Ratten angenagt. In der österreichischen Hauptstadt Wien isst man währenddessen Billigschnitzel und hat gerade einfach keinen Kopf dafür. In der Nacht werden dann österreichische Kinder aus den Betten gerissen und „aus Respekt gegenüber dem Rechtsstaat Österreich“ in ein Land abgeschoben, in dem sie noch nie waren. Populistisch agierende Politiker*innen spalten mit ihren Parolen die Gesellschaft. Nebenbei wütet eine Pandemie, die Millionen Tote zurücklässt. Und das alles unter dem Leistungsdruck des Kapitalismus, in dessen Gewahrsam man funktionieren soll wie eine menschgewordene Maschine. Das Ende des Kapitalismus kann man sich jedoch hierzulande bei weitem nicht so gut vorstellen wie den drohenden Weltuntergang, den die Menschen herbeibeschwören, als würden sie irgendetwas herausfordern wollen.

Illustrationen von Stefanie Sargnagel und Michael Jordan

Die Erde dreht sich mit 1.670 km/h und das Weltgeschehen fliegt uns um die Ohren. Wir laufen mit Schrittgeschwindigkeit hinterher und können kaum noch verstehen, was hier eigentlich gerade abgeht. Das heißt, wenn wir nicht eh schon längst taub sind, von all den Informationen, die wir gar nicht mehr verarbeiten und zuordnen können. Wir sind so high an Informationen, dass uns manche allzu absurd dystopische Anmutung sogar schon zum Schmunzeln bringt. Beispiel Trump. Er gilt meines Erachtens als die Vermenschlichung der Dystopie an sich. In den USA zog dieser besagte Donald, aka ehemals mächtigster Mann der Welt, in Erwägung das Corona-Virus durch das kollektive Trinken von Desinfektionsmittel zu bekämpfen, baute eine Mauer zu Menschen, die er auf Grund ihrer Herkunft einfach nicht mag, ignorierte den besagten Weltuntergang und belästigte Frauen. Absolut! Nicht! Witzig!

Natürlich passieren auch gute Dinge, gar utopische Dinge auf dieser Welt. Und ich weiß, dass man mit 465 Mal Schrittgeschwindigkeit (à la 465 Menschenstärke = 465 x 3,6km/h = 1674km/h 🡪 > 1670 km/h) das dystopische Weltgeschehen ein- und überholen kann. Aber manchmal ist es nicht so einfach, positiv gestimmt durch den Tag zu schreiten und zu den Luftschlössern im Kopf zu finden. Und das ist auch okay so. Manchmal ist es herausfordernd mit all den Realdystopien umzugehen. Man braucht Zeit, um den Weltschmerz zu verdauen. Und aus zu*§$**1X“**. Ich geh mal aufs Klo. Macht das am besten auch. Wir sehen uns morgen im Luftschloss!

Beitrag von Magdalena

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