Ist das 1,5 Grad Ziel eine Utopie?

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Zu Beginn des Jahres habe ich mir im Zuge des Machtwechsels in den USA die Farewell Speech von Donald Trump angeschaut. Nach zahlreichen propagandistischen Aussagen, bei welchen er nicht müde wurde sich selbst zu loben, blieb mir jedoch ein Satz in Erinnerung. Stolz verkündete er aus dem “impossible paris climate accord” ausgestiegen zu sein. Die Brisanz dieser Aussage liegt für mich in zweierlei Aspekten begraben. Einerseits, in dem Novum, dass Donald Trump, wahrscheinlich zum ersten Mal, nicht direkt den Klimawandel leugnete, was schon für sich selbst spricht. Andererseits und noch viel wichtiger, gab mir die Bezeichnung, dass das Pariser Klimaabkommen unmöglich sei, zu denken. Was wenn, das 1,5 Grad-Ziel respektive das 2 Grad-Ziel eine träumerische Utopie ist und Donald Trump am Ende in diesem Punkt Recht behält?

Der IPCC gibt uns, um die Erwärmung unter 1,5 Grad zu halten, lediglich 10 Jahre. Innerhalb dieser 10 Jahre müssen die Emissionen um etwa die Hälfte reduziert und bis 2050 auf Netto-Null gesenkt werden. Dieser Prozess muss in jeder großen Volkswirtschaft der Welt geschehen und zusätzlich ist es notwendig einen Großteil des Kohlenstoffdioxid aus der Atmosphäre zu entziehen, da der Kohlendioxidgehalt der Atmosphäre bereits jetzt ein unbedenkliches Niveau massiv übersteigt (vgl. Klein 2020: 35). 

In der Süddeutschen Zeitung gibt es einen noch drastischeren Countdown der uns zeigt, wie viel Zeit uns, bei der aktuellen Emissionsrate, noch bleibt, bis das globale Co2-Budget für eine Erwärmung bis 1,5 Grad aufgebraucht ist. 6 Jahre, 10 Monate, 29 Tage und 23 Stunden haben wir zum jetzigen Zeitpunkt, laut den Berechnungen noch zur Verfügung (vgl. Süddeutsche Zeitung 2020).

Es wird also deutlich, dass ein enormer Handlungsdruck besteht, welcher nicht zuletzt durch die globale Klimabewegung stetig signalisiert wird. Zwar stagnieren oder fallen die Co2-Emissionen in einigen (Post-)Industrieländern, die hauptsächlich für das Emittieren des Kohlenstoffdioxid verantwortlich waren, dennoch geschieht dies teilweise durch die Verlagerung der Emissionen in andere Industrie- oder Entwicklungsländer. Außerdem laufen weiterhin horrende Subventionen in fossile Energieträger, es werden Autobahnen gebaut und das Märchen eines ewigen Wachstums in einer begrenzten Welt wird gepredigt. Diese Entwicklungen geben Anlass zum Urteil, dass die politischen EntscheidungsträgerInnen ihre eigens gesteckten Ziele (1,5 Grad-Ziel) nicht verfolgen wollen. Nach dem Motto, nach uns die Sintflut, werden die mittlerweile radikalen notwendigen Veränderungsprozesse in der gesellschaftlichen, politischen und ökonomischen Ordnung nicht angetastet, um sich nicht eingestehen zu müssen, dass die Klimakrise nicht ohne drastische Verhaltensveränderungen zu bewerkstelligen ist.

Eine abschließende Antwort zu finden ist hier keinesfalls möglich. Ich hoffe dennoch, dass das 1,5 Grad-Ziel nicht nur eine Utopie ist, sondern in der Realität zur Verwirklichung findet und der oben genannten Aussage von Donald Trump entschieden widersprochen werden kann. Derzeit erschleicht mich jedoch das Gefühl, dass dieses Ziel zum Sinnbild einer gelebten Dystopie wird, indem es uns immer daran erinnert, dass wir trotz eines enorm hohen Informationsstandes, nicht in der Lage waren, die katastrophalen Entwicklungen der Klimakrise abzuwenden.

Quellen:

Klein, Naomi 2020: Warum nur ein Green New Deal unseren Planeten retten kann, Hoffmann und Campe Verlag, Hamburg.

Süddeutsche Zeitung 2020: Das Co2-Budget schrumpft:  <https://projekte.sueddeutsche.de/artikel/wissen/klimawandel-aktuell-der-sz-klimamonitor-e203859/#renewableenergy> (Zugriff: 2020-02-02).

Beitrag von Noah

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